Die Enharmonische Pfeifenorgel

Die Orgel steht in Kürze als Dauerleihgabe in der Städtischen Universität MUK in Wien.

Die Enharmonische Pfeifenorgel wurde 1979 von der Orgelbaufirma SCHUMACHER (Eupen, Belgien) nach den Plänen des Prof. Dr. Martin Vogel von der Universität Bonn gebaut. Sie verfügt über eine durchgehende Labialpfeifenreihe aus 328 Pfeifen von groß F bis d6. (60% Zinn, 40% Blei, gehämmert), die unterste Oktave ist rohrgedeckt. Der Mensurverlauf geht nach oben von Flöten- zur Prinzipalmensur.  Das Pfeifenwerk ist im Wesentlichen in reinen Quinten und Terzen gestimmt. Register sind schaltbar nach dem Multiplex-System, d.h. bestimmte Töne der Grundpfeifenreihe können als Quasi-Obertöne hinzugeschaltet werden, spielen also parallel zu einem erklingenden Grundton. (8′, 4′, 2 2/3′, 2′, 1 3/5′, 1 1/3′, 1′, 9/8′) Auf diese Weise können Teilton-Kombinationen gebildet werden.  Der Spieltisch hat zwei normale Manuale mit 12 Tasten pro Oktave, die von F-d“‘ reichen, ein Pedal und eine Spezialklaviatur, die über dem oberen Manual schwenkbar angebracht ist und nach vorne über dieses vorgezogen werden kann. Mit dem angehängten Pedal können die Manualtöne von F-d‘ gespielt werden, wahlweise entweder die des oberen oder unteren Manuals oder je nach niedergedrückten Tasten oben und unten wechselnd. Auf die beiden Normalklaviaturen können 12tönige Auswahlstimmungen oder eine mutierende Stimmung vorprogrammiert werden, also eine Automatik, die die Akkorde nach Tastenbildern erkennt und Pfeifen entsprechend einer bestimmten vorgegebenen harmonischen Analyse ansteuert. Das Pfeifenwerk ist in 5 Pfeifenblöcke aufgeteilt, die auf dem Sockelkasten aufliegen, der die Windversorgung enthält. Das Gehäuse (191,5 cm breit, 181 cm hoch, 74 cm tief) ist in Vorder-, Seiten- und Rückwand eingeteilt und wie der Spieltisch aus massivem Eichenholz in moderner „Rahmen und Füllung“-Struktur gefertigt. Da die zerlegbaren Teile nur ineinandergefügt und arretiert werden, ist das Instrument transportabel. Die Gehäuseform ist dreiteilig. Die großen Pfeifen der unteren Oktave auf der rechten Seite rahmen die kleineren Pfeifen in der Mitte ein. Der Mittelteil wird vorne von einem Schwellkasten geschlossen, dessen Schwellbretter wie die beiden abnehmbaren Fenster links und rechts aus Plexiglas bestehen. Er steht 10cm vor und beinhaltet die Steckerverbindungen zum Kabelschlauch sowie den Elektromotor, der die Schwellbretter vom Schwelltritt im Spieltisch aus stufenlos öffnet und schließt.  Jeder Pfeifenblock enthält die Töne einer Oktave, die jeweils entsprechend dem 48tönigen Tonnetz angeordnet sind. Sechs Reihen aus je 8 Quinten stehen im Terzabstand voreinander, in 4 Blöcke zu je 12 Tönen numeriert. Diese Pfeifenanordnung in Verbindung mit der elektrischen Traktur der Pfeifen durch Hülsenmagnete wurde gewählt, damit alle Pfeifen auf einer gemeinsamen Registerkanzelle („auf einem Wind“) stehen können.  Der Spieltisch ist über ein MIDI-Kabel mit den Steckern der Pfeifentraktur im vorderen Gehäuseteil des Pfeifenwerks verbunden. Durch die Midifizierung kann das Instrument mit anderen MIDI-Instrumenten zusammenspielen. Er ist 84cm breit, 142cm hoch, 120cm tief (incl. Pedal) und enthält im unteren Teil die elektronische Registerschaltung, Stromversorgung und den Schwelltritt.

Auf der vorschwenkbaren Spezialtastatur können alle 328 Pfeifen direkt, also ohne Vorwahl am Computer, gespielt werden. Sie dient daher neben der Möglichkeit eines sehr differenzierten Melodie-Spiels, bei dem harmonisch sehr entfernte Intervalle direkt greifbar sein müssen vor allem der direkten Darstellung ungewohnter Tonverbindungen. Um den erweiterten Tonbestand spieltechnisch bewältigen zu können, wurde die Tiefe einbezogen und eine schachbrettartige Anordnung konzipiert, die zwei Bedingungen erfüllt. 1.) können alle Tasten der verschiedenen Tonarten jeweils mit dem gleichen Fingersatz gegriffen werden, da die etwas schräg gestaffelte Tastenanordnung sich pro Tonstufe wiederholt. 2.) wird durch unterschiedliche Größe, Form und Holzart der Tasten die Hierarchie des Tonsystems veranschaulicht. Auf den Haupttasten (aus mechanischen Gründen zweigeteilt) die die Breite der weißen Tasten des Klaviers haben und aus Nußbaum gefertigt sind, liegen die Quinten und Oktaven der sog. „Nullreihe“, d.h. der Quintenreihe, die den Stimmton a=440 enthält. Dazwischen liegen in halber Tastengröße die Terztasten nebeneinander: Mollterz (Holzart: Acajou) und Durterz (Buchsbaum). Die chromatischen Tasten haben die Breite der Obertasten des Klaviers bei halber Länge (Holzart: Ebenholz und Elfenbein). Sie liegen rechts und links der Haupttasten und bilden jeweils die 2. Ober- bzw. Unterterzen (d.h. die Terzen der Terzen der Haupttöne). Links unten bzw. rechts oben von diesen verschiedenen Tastenarten liegen die Septimtasten, die die Form von Akkordionknöpfen aufweisen und jeweils ungefähr im Septabstand zu den übrigen Tönen in jeweils gleicher Holzart angeordnet sind.

Hier geht es zur Darstellung mikrotonaler Musik mit Klangbeispielen